Ein Gastbeitrag von Adam G. (Dänemark) aus dem hot50s-Forum
Ich stehe auf Schwinn-Fahrräder. Okay, ich mag alte Fahrräder allgemein, aber so Krates oder Sting-Rays von damals sind einfach klasse. Aber wirklich von damals, nicht so verplante Lowrider, wie man’s von den ganzen heutigen Kustom-Kulture-Veranstaltungen kennt, sondern so, wie’s mal war.
So:

Foto: 1970 Schwinn Catalog
Vor drei Jahren sollte das ältere Kind von 16 auf 20 Zoll umsatteln, so eine Sting-Ray ist 20 Zoll! Was’n Zufall! Der Zufall wollte auch, dass damals eine Gelbe, angeblich originale aus den 60er Jahren, hier in Dänemark angeboten wurde.
Ich habe schon eher nach solchen Fahrrädern gesucht, mehr aus Laune, als aus einem Kaufinteresse, denn die Szene ist irre, und die Preise komplett wirr. Es werden für augenscheinlich den gleichen Quatsch verschiedene Nummern gerufen, weil es irgendwelche Sachen gibt die selten sind, Farbkombis, Rahmennummern, Zuberhör, was auch immer. Es ist ein Dschungel und für nicht Auskenner ist es sehr schwer da durchzublicken. Zumindest ist es hier in Dänemark nicht komplett aussichtslos, so ein Rad überhaupt zu finden, in Deutschland sind die sagenhaft selten.
Deshalb habe ich die Annonce einfach an einen Kalifornier geschickt, den ich über Instagram kenne und der die Dinger sammelt. Antwort kam gleich, es ist keine 1964er, sondern eine aus den frühen 80ern. Eine Wiederauflage sozusagen, aber eine der besten. Noch „Made in Chicago“ und nicht „in Taiwan“. Die Dinger werden immer wieder aufgelegt und unterscheiden sich dann durch irgendwelche Details, die er mir dann auch aufgezählt hat. Preis war richtig billig wenn’s eine 1964er wäre, aber dann doch recht teuer für die 80er Wiederauflage.
Also die Annonce gespeichert und beobachtet. Es hat denn zwei-drei Wochen gedauert dann ist sie verschwunden. Verkauft dachte ich, aber schon ein paar Tage später war die Annonce wieder aktiv und der Preis auf die Hälfte reduziert. Also habe ich den Typen kontaktiert und gesagt: Ich komme mal rum zum gucken. Als ich dann da war und der Typ angefangen hat mit dem Baujahr, habe ich einfach alles gesagt, was mir der Typ aus den USA so geschrieben hat und der Verkäufer ist dann von sich aus nochmal ordentlich mit dem Preis runtergegangen. Nun war’s auf einmal ein richtig guter Deal. Gutes Fahrrad, fairer Preis. Das es eine Wiederauflage ist, war mir nur recht, weil ich das Ding ja zum benutzen für das Kind wollte. Hand drauf.

Als ich damit Zuhause aufgekreuzt bin, hat die Frau gesagt, dass ich nicht alle Tassen im Schrank habe und dass das Kind ein normales Fahrrad verdient und nicht so’n „Banana Joe Ding“. Also habe ich die Sting-Ray in den Schuppen geparkt, ein Mountainbike gekauft und jut. Allerdings hat’s nicht lange gedauert bis der Junge das Teil gefunden und mich gebeten hat, es für ihn zu justieren, weil er es Mal probieren wollte. Fortan war das Mountainbike für die Schulfahrten bestimmt und die Sting-Ray zum Spaß haben.

Im Frühjahr ist hier eine weitere Sting-Ray aufgetaucht, aber ohne Preis. Als ich die Annonce gefunden habe, stand die schon einen Monat in den hiesigen Kleinanzeigen. Ich dachte mir, wenn die noch da ist, dann könnte man sich die zumindest als Spender hinstellen, falls mal an der Gelben was kaputt geht. Also, wenn die dann vom Preis her okay sein sollte … Gedacht, getan. Verkäuferin kontaktiert und die Frau so: Kann ich einfach so haben. Sie kommt damit sogar an einem Freitag nach Billund, wenn es okay ist, dass wir uns am Flughafen mitten in der Nacht treffen.

Habe der Frau 200 Kronen (30 Doppelmark oder wat) in die Hand gedrückt und ab nach Hause. Zu dem Preis kann man aber auch gar nichts falsch machen. Am Tag darauf wurden die Schläuche geflickt, bissl justiert und das Fahrzeug wurde ausprobiert, abgesegnet und mir wurde nahe gelegt, dass ich die nicht auseinander schrauben soll:

Vom Zustand her ist die schlechter als die Gelbe und auch mindestens 20 Jahre jünger. Das sieht man an der Bremse vorne und es sind überall Inbusschrauben. Das Rad ist auch etwas weniger aufwändig zusammengeschraubt (halt „Made in Taiwan“ und nicht in Chicago), aber die hat das:

Ein Knatter-Karten-Auspuff!

Die Schwinns mutierten in dem 70ern langsam zu BMX Fahrrädern, und die Kids haben sich mit dicken Pellen, niedrigeren Lenkern usw. Ihre eigenen Renner gebaut:

Foto: Unbekannt, Netzfund
Die Firma selbst bot auch solche BMX-Sting-Rays an und die hießen dann „Scrambler“:

Foto: 1975 Schwinn Catalog
Ich habe vorgeschlagen das wir das schwarze Rad auch so umbauen, weil es weniger egal ist und man hat zugestimmt, aber nur wenn er bestimmen kann wie das Ganze aussehen soll.
Das erste Teil vom Puzzle war dann der Lenker, den ich von einem „Hello Kitty-Bike“ eines Arbeitskollegen bekommen habe.

Dann so geile 80er Jahre Reifen:

Lenker gestrahlt und schwarz übergeblasen, Pads mit Pizzadekor bestellt:

Erste Anprobe:

Grüne Bremskabel, und grüne Griffe:

Ich bin mir nicht sicher ob ich die Farben so gewählt hätte, aber hey, ist sein Rad. Ich sollte – glaube ich –froh sein, dass ich einen Sohn erwischt habe, der in der heutigen Zeit überhaupt so ein selbst zusammengewürfeltes Rad haben wollte.

Man hat mich so lange vollgelabert, bis ich die Startnummer von Hand aufgemalt habe. Obwohl ich eigentlich Aufkleber plotten wollte.

Der Kunde ist zufrieden.

Irgendwann habe ich dann auch noch eine Plastikfelge für vorne für einen Zwanni geschossen.

Fotos: Adam G.
Fortsetzung folgt – Hier geht’s zum Teil 2.